Thema der Woche "für-Gründer.de" Petition für KfW Gründercoaching 90 % – Initiatorin Dagmar Schulz, Inhaberin 1a-STARTUP aus Düsseldorf, im Gespräch.
Im Dezember 2011 wurde das Förderinstrument „Gründungszuschuss“ für Gründungen aus der Arbeitslosigkeit nicht nur gekürzt, sondern von einem Rechtsanspruch in eine Ermessensleistung umgewandelt. Die monatlichen Zahlen zu den bewilligten Neuanträgen auf den Gründungszuschuss zeigen quasi einen Stillstand bei der Vergabe des Zuschusses. An den Gründungszuschuss gekoppelt ist jedoch auch die 90 %-ige Förderung durch das KfW Gründercoaching für Existenzgründungsberatungen in der Startphase. Unternehmensberaterin Dagmar Schulz sieht darin eine doppelte Benachteiligung für Gründer in Deutschland und hat eine Petition für entsprechende Veränderungen initiiert.
Für-Gründer.de unterstützt die Petition beim Bundestag für die ExistenzgründerInnen und ruft alle auf, sich an der Petition zu beteiligen.
Für-Gründer.de: Frau Schulz, Sie sind in der Existenzgründungsberatung aktiv. Welche Auswirkungen haben sich aus den Kürzungen und Änderungen beim Gründungszuschuss in der Praxis bei der Gründung aus der Arbeitslosigkeit ergeben?
Dagmar Schulz von 1a-STARTUP: Die Kürzung des Gründungszuschusses sehe ich als falsches Signal für den Gründerstandort Deutschland, der nach wie vor eine der niedrigsten Gründungsquoten Europas aufweist. Nach IHK-Einschätzungen rechnet der DIHK damit, dass es im Jahr 2012 weniger als 400.000 Existenzgründungen geben wird – und damit so wenig Gründungen wie in keinem Jahr zuvor seit der Wiedervereinigung.
Den Weg in die eigene Selbstständigkeit zu wagen ist immer mit einer großen Portion Mut verbunden. In der Vergangenheit hat die Förderung mittels Gründungszuschuss dabei geholfen, dieses Risiko einzugehen. Der Gründungszuschuss hat gerade in den ersten schwierigen Monaten dabei geholfen, den Lebensunterhalt zu bestreiten. Die Anfangszeit ist für den Gründer mit existenziell wichtiger Aufbauarbeit verbunden, durch die monetäre Unterstützung war hierfür der Kopf frei. Bis zum Jahresende 2011 hatten Gründer aus der Arbeitslosigkeit einen Rechtsanspruch auf den Gründungszuschuss. Der Erhalt des Gründungszuschusses ist wiederrum die Fördervoraussetzung um das KfW Gründercoaching mit 90% in Anspruch zu nehmen. Das KfW Gründercoaching ist ein wichtiges Instrument für Jungunternehmer sich beim Unternehmensaufbau von Experten beraten und unterstützen zu lassen.
Durch die Kürzungen beim Gründungszuschuss werden Gründer nun doppelt benachteiligt. Durch die Kürzung ist nicht nur die wichtige monatliche Unterstützung am Anfang weggefallen, sondern auch die fachliche Begleitung des Gründungsvorhabens in den ersten Monaten um das Vorhaben auf ein sicheres Fundament zu stellen. Ein Gründercoach begleitet und unterstützt einen Gründer über einen längeren Zeitraum bei dem Aufbau seiner neuen beruflichen Existenz und hilft dabei ganz individuell in den Bereichen, in denen der Gründer nicht über die notwendigen Informationen oder Fachkenntnisse verfügt.
Für-Gründer.de: Wie gehen die Arbeitsagenturen Ihrer Erfahrung derzeit mit Anträgen auf den Gründungszuschuss um?
Dagmar Schulz von 1a-STARTUP: Die Arbeitsagenturen gehen sehr zögerlich mit der Genehmigung für den Gründungszuschuss um. Generell sind die Arbeitsagenturen angehalten, Gründungswillige zunächst zu versuchen am Arbeitsmarkt zu platzieren. Branchen, die nach Meinung der Arbeitsagentur durch zum Beispiel ihr Netzwerk ohne Probleme zu eigenen Aufträgen kommen, beispielsweise Freie Berufe, erhalten so gut wie gar nicht den Gründungszuschuss. Weiterhin fällt auf, dass insbesondere weibliche Gründungen von der Ablehnung besonders stark betroffen sind.
Ein gut durchdachtes und überzeugendes Gründungskonzept, von dem auch wir überzeugt sind, wird abgelehnt, wiederrum eine nach unserer Meinung nicht herausragende Idee wird mit dem Gründungszuschuss unterstützt. Die Entscheidungen für oder gegen den Gründungszuschuss sind nicht immer nachvollziehbar.
Für-Gründer.de: Neben deutlich weniger bewilligten Anträgen auf den Gründungszuschuss haben die Änderungen auch Auswirkungen auf das KfW Gründercoaching: welcher Kollateralschaden ist hier genau eingetreten?
Dagmar Schulz von 1a-STARTUP: Es ist heute noch nicht im Detail bzw. in Zahlen abzusehen, wie groß sich der Kollateralschaden in Deutschland auswirken wird. Laut KfW bzw. Creditreform scheitern 50% aller Gründungen innerhalb der ersten 5 Jahre, wenn kein Gründungscoaching in Anspruch genommen wurde. Mit dem Kahlschlag beim Gründungszuschuss wird also nicht nur dazu beigetragen, dass von vornherein weniger Gründungsvorhaben realisiert werden, sondern auch, dass die wenigen, die sich nicht entmutigen lassen, schlechtere Startbedingungen bzw. Überlebenschancen haben.
Gründer haben die Möglichkeit ohne Gründungszuschuss zwar ein 50% gefördertes Gründungscoaching in Anspruch zu nehmen, das kann sich jedoch kaum ein Gründer leisten – erst recht nicht, wenn kein Gründungszuschuss bewilligt wurde. Fest steht jedoch, dass mit der Kürzung des Gründungszuschusses das Gründungsgeschehen in Deutschland ausgebremst wird. Es wird verhindert, neue Geschäftsideen auf den Markt zu bringen, Arbeitsplätze zu schaffen oder auch denen eine Chance zu ermöglichen, für die der Arbeitsmarkt keine Wege bietet. Die Frage ist auch, was passiert mit denjenigen, die am Arbeitsmarkt nicht vermittelt werden können und auch keinen Gründungszuschuss erhalten können.
Für-Gründer.de: Frau Schulz, Sie haben eine Petition beim Deutschen Bundestag zum KfW Gründercoaching gestartet: was fordern Sie im Detail?
Dagmar Schulz von 1a-STARTUP: Gründungen aus der Arbeitslosigkeit ohne den Erhalt des Gründungszuschusses sollen nicht doppelt benachteiligen werden, indem das KfW Gründercoaching mit 90% Zuschuss für alle Gründer und Gründerinnen aus der Arbeitslosigkeit im ersten Jahr der Gründung von der Gewährung des Gründungszuschusses unabhängig gemacht wird. Jeder Gründer aus der Arbeitslosigkeit sollte den 90%igen Zuschuss erhalten. Gründer, die ohne Erhalt des Gründungszuschusses aus der Arbeitslosigkeit gründen beweisen meines Erachtens neben viel Mut auch die Ernsthaftigkeit Ihres Vorhabens. Das sollte aus meiner Sicht gefördert werden.
Für-Gründer.de: Wer kann sich an der Petition beteiligen und welche Hürden muss die Petition nehmen?
Dagmar Schulz von 1a-STARTUP: Jeder kann sich an der Petition beteiligen. Nach der online Registrierung ist die Zeichnung der Petition möglich und der Unterstützer erhält hierüber eine Bestätigung der Zeichnung per Email. Ganz wichtig ist dabei, registrieren reicht nicht aus. In einem zweiten Schritt muss auch die Zeichnung erfolgen. Viele vergessen das.
Um die notwendige Unterstützung für diese Petition zu erhalten, sieht der Gesetzgeber eine Frist von vier Wochen vor – also bis zum 29.05.2012. Innerhalb dieser Frist müssen 50.000 Unterstützer die Petition mit unterzeichnen, damit diese im Petitionsausschuss öffentlich beraten wird. Der Petent wird zu dieser Beratung eingeladen und erhält Rederecht. Wir wissen jedoch auch, dass eine Petition bereits bei weniger Unterstützern zur parlamentarischen Prüfung vorgelegt wird, wenn deutlich wird, dass ein großes öffentliches Interesse besteht.
Für-Gründer.de: Und zum Abschluss: was wünschen Sie sich von der Politik, damit Deutschland endlich zum Gründerland wird?
Dagmar Schulz von 1a-STARTUP: Das Gründungsgeschehen ist ein wichtiger Wirtschaftsmotor in Deutschland mit Potential für weiteres Wirtschaftswachstum. Die Förderung und Unterstützung der Selbstständigkeit sollte weiter systematisch unterstützt werden, auch besonders für Gründungen aus der Arbeitslosigkeit. Die Bürokratie, die mit der Aufnahme einer Selbstständigkeit verbunden ist sollte abgebaut werden. Die bestehenden Möglichkeiten einer Gründungsfinanzierung sind gut, können aber weiter verbessert werden.
In den letzten 5 Jahren ist laut IHK der Anteil der unter 30-jährigen Gründungswilligen leicht angestiegen. Viele jüngere Gründer gehen ihr Projekt motiviert, aber teilweise übereilt an. Häufig bestehen Lücken in den Geschäftskonzepten. Das Potential der jüngeren Existenzgründer könnte noch besser aktiviert werden. Innovative Ideen sollten unterstützt werden und die „Unternehmerische Selbstständigkeit“ stärker in den Schullehrplänen eingebunden werden.
Für-Gründer.de: Vielen Dank für das Gespräch!
Sie möchten auch das Deutschland ein Gründerland wird? Dann unterzeichnen Sie die Petition zur Förderung der Aufnahme einer selbstständigen Arbeit von Dagmar Schulz.
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