Die Bundesregierung hat ein umfangreiches Konjunkturprogramm beschlossen, das ab dem 1. Juli 2020 niedrigere Umsatzsteuersätze einführt. Der Regelsteuersatz sinkt von 19% auf 16% und der ermäßigte Steuersatz von 7% auf 5%. Diese Maßnahme soll die Wirtschaft ankurbeln, bringt jedoch auch administrativen Aufwand mit sich. Es ist wichtig, die Änderungen in der Buchhaltung, bei Verträgen und bei der Preisangabe zu berücksichtigen. Die Senkung gilt bis zum 31. Dezember 2020, danach sollen die alten Steuersätze wieder in Kraft treten.
Die Bundesregierung hat sich angesichts der Corona-Krise am 3. Juni 2020 auf ein umfangreiches Konjunkturprogramm geeinigt.
Bundestag und Bundesrat haben am 29. Juni 2020 den Weg hierzu geebnet. Ab 1. Juli 2020 gelten befristet niedrigere Umsatzsteuersätze. Die wichtigsten Aspekte für Unternehmen und Selbstständige sind im folgenden kurz dargestellt.
Die Senkung der Umsatzsteuer im Überblick:
Durch diese temporäre Steuersatzsenkung soll unsere Wirtschaft angekurbelt werden. Neben diesem positiven Aspekt bringt die Steuersatzsenkung auch einen doppelten administrativen Zusatzaufwand mit sich. Heute, und bei der Rückkehr zur „alten“ Regelung ab 1. Januar 2021.
Es stellen sich verschiedene Praxisfragen, wer in welcher Konstellation von den Änderungen betroffen ist, wer profitiert und wer nicht.
Das BMF hat am 25. Juni 2020 eine FAQ-Liste mit Antworten auf wichtige Fragen zur Änderung der Umsatzsteuersätze veröffentlicht.
Für die Frage, welcher Steuersatz anzuwenden ist, ist ausschließlich der Zeitpunkt der Ausführung der Leistung maßgebend:
Nur wenn die Lieferung oder Leistung im Zeitraum 1. Juli bis 31. Dezember 2020 ausgeführt wird, gilt der abgesenkte Steuersatz von 16% (bzw. 5%).
Der Tag des Vertragsabschlusses, der Rechnungserteilung oder der Vereinnahmung des Entgelts sind demnach unerheblich.
Daher müssen Rechnungen für über nach dem 30. Juni 2020 (und vor dem 1. Januar 2021) zu erbringende Leistungen, bereits heute grundsätzlich mit dem für diesen Zeitraum geltenden reduzierten Umsatzsteuersatz (16% bzw. 5%) fakturiert werden.
Werden dagegen Rechnungen für erbrachte Leistungen, die bis zum 30. Juni 2020 erfolgt sind, erst nach diesem Zeitpunkt erteilt, ist noch der heute gültige Steuersatz (19% bzw. 7%) anzuwenden.
Entsprechende Regeln sind dann auch bei der vorgesehenen Rückumstellung (Wiederanhebung der Umsatzsteuersätze) zum 1. Januar 2021 zu beachten.
Grundsätzlich darf der Unternehmer entscheiden, ob der die Senkung an den Kunden weitergibt oder den Bruttopreis beibehält (incl. MwSt). Einige Discounter haben die Thematik mit einem Rabatt auf jeden Einkauf gelöst.
Zu unterscheiden sind die (Waren-)Lieferungen, die Werklieferungen und die sonstigen Leistungen.
Besondere Herausforderungen sind in der Gastronomie zu erwarten. Dort gelten (wegen der vom 1. Juli 2020 bis 30. Juni 2021 befristeten MwSt-Absenkung auf Speisen und der bis Ende 2020 befristeten allgemeinen MwSt-Senkung) innerhalb kurzer Zeit drei verschiedene Steuersätze:
Wenn ein Unternehmer für Leistung im Zeitraum 1. Juli – 31. Dezember 2020 eine Rechnung mit dem „alten“ Steuersatz von 19% (bzw. 7%) ausstellt, so führt dies zu einem unrichtig ausgewiesenen, zu hohen Umsatzsteuerbetrag. Diese Steuer wird vom leistenden Unternehmer geschuldet (§ 14c (1) Umsatzsteuergesetz).
Auch der Leistungsempfänger hat ein Problem: Die zu hoch ausgewiesene Umsatzsteuer kann nicht als Vorsteuer abgezogen werden.
Unternehmer können und sollen falsch ausgestellte Rechnungen im Nachhinein berichtigen.
Ist die korrigierte Rechnung an den Leistungsempfänger übersandt und – im Fall einer Nettopreisvereinbarung – der zu viel gezahlte Betrag dem Kunden erstattet worden, schuldet der Unternehmer dem Finanzamt den Mehrbetrag nicht mehr; bzw. kann er diesen mit der nächsten Umsatzsteuer-Voranmeldung oder der Jahreserklärung zurückholen.
Deshalb sollten Selbstständige nicht nur auf der Leistungsausgangsseite, sondern auch auf der Leistungseingangsseite auf eine korrekte Abrechnung achten.
Übergangsregelung für B2B-Fälle laut BMF-Entwurf
Das Bundesministerium hat hierzu eine wichtige Vereinfachungsregelung bekannt gegeben. Demnach kann der Leistungsempfänger für Leistungen, die im Monat Juli 2020 erbracht werden, auch eine mit 19% bzw. 7% zu hoch ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend machen. Voraussetzung ist, dass der leistende Unternehmer diese Umsatzsteuer beim Finanzamt angemeldet und bezahlt hat.
Bei Dauerleistungen, die im Rahmen von Teilleistungen erbracht werden, wie zum Beispiel Miet- oder Leasingverträgen, ist sicherzustellen, dass für den Absenkungszeitraum (1. Juli – 31.12.2020) notwendige Anpassungen der Verträge bzw. Dauerrechnungen erfolgen.
Achtung: Ohne korrekte Abrechnungen wird die überhöhte Umsatzsteuer vom Unternehmer gemäß § 14c (1) Umsatzsteuergesetz geschuldet.
Bei langfristigen Verträgen kann es durch die Steuersatzänderungen zu Ausgleichsverpflichtungen zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger nach der Regelung von § 29 Umsatzsteuergesetz kommen (Ausgleich von Mehr- oder Minderbelastungen). Dabei sollte geprüft werden, ob im Einzelfall ggf. abweichende vertragliche Vereinbarungen für diesen Zeitraum getroffen werden können.
Komplexere Fragestellungen ergeben sich in den Fällen, in denen bis zum 30. Juni 2020 Anzahlungen für Leistungen vereinnahmt wurden, die erst nach dem 30. Juni 2020 erbracht werden, da hier ggf. Korrekturen nötig werden.
Bei Anzahlungen entsteht die Umsatzsteuer grundsätzlich im Zeitpunkt des Geldeingangs; für die endgültige Besteuerung ist aber der Zeitpunkt der Leistungsausführung entscheidend. Wurde eine Leistung im zweiten Halbjahr 2020 erbracht, die Anzahlung aber mit 19 Prozent besteuert, muss Letztere mit 3 Prozentpunkten entlastet werden. Wird eine Anzahlung mit 16 Prozent besteuert, die Leistung aber nach dem 31. Dezember 2020 erbracht, ist die Anzahlung mit 3 Prozentpunkten wiederum nachzuversteuern.
Leistungserbringung |
Anzahlung |
Steuerliche Behandlung |
Leistung erbracht bis 30.06.2020 |
Spielt keine Rolle. |
Die Leistung unterliegt den alten Steuersätzen. |
Leistung erbracht vom 01.07.2020 bis 31.12.2020 |
Anzahlung vor dem 01.07.2020 keine geflossen. |
Die Leistung unterliegt den neuen ermässigten Steuersätzen. |
Leistung erbracht vom 01.07.2020 bis 31.12.2020 |
Anzahlung sind ganz oder teilweise vor dem 01.07.2020 geflossen. |
Die Anzahlung vor dem 01.07.2020 waren mit den alten Steuersätzen besteuert worden. Bei Ausführung der Leistung in der Zeit ab dem 01.07 bis 31.12.2020 ist der Anzahlungsbetrag um 3 bzw. 2 % zu entlasten. |
Leistung erbracht nach dem 31.12.2020 |
Keine Anzahlung vor dem 01.01.2021. |
Die Leistung unterliegt dann wieder 19 % bzw. 7 %. |
Leistung erbracht nach dem 31.12.2020 |
Anzahlungen ganz oder teilweise nach dem 01.07.2020 und vor dem 31.12.2020. |
Die Anzahlungen können mit 16 % bzw. 5 % besteuert werden; bei Ausführung der Leistung ab 2021 ist der Anzahlungsbetrag mit 3 bzw. 2 Prozentpunkten nachzuversteuern. |
Wenn Leistungen gegenüber vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmern erbracht werden, ist es unerheblich, ob die Leistung vor oder nach der jeweiligen Steuersatzänderung erfolgt, da es beim Leistungsempfänger nicht kostenwirksam ist. Es ist aber auf die richtige Ausstellung der Rechnung zu achten.
Bei nicht vorsteuerabzugsberechtigten Kunden (zum Beispiel Privatpersonen) ist die Steuer jedoch kostenwirksam, da der Bruttobetrag dann niedriger ausfällt, so dass eine Ausführung der Leistung im Absenkungszeitraum (1. Juli – 31. Dezember 2020) vorteilhaft bwz. günstiger sein kann.
Nein, die Unternehmen sind nicht verpflichtet, die Steuersenkung an den Endkunden weiterzugeben. In der Regel wird ein Bruttopreis angegeben – welcher Anteil davon auf die Steuer entfällt, spielt insoweit für Endkunden keine Rolle. Allerdings kann ein Kunde einen Ausgleich verlangen, wenn ein Kaufvertrag vorher geschlossen wurde, die Leistung aber erst ab Juli erbracht wird.
Ausnahme: Der Vertrag enthält eine sog. Ausschlussklausel in der Änderungen ausgeschlossen sind.
Nach einer Mitteilung des BMWi ist die zwingende Änderung der Preisauszeichnungen im Handel für Endverbrauchern nicht erforderlich und kann durch pauschale Rabatte an der Kasse ersetzt werden.
Händler und Dienstleister können für die diese Dauer daher von einer Ausnahmemöglichkeit in der Preisangabenverordnung Gebrauch machen. Sie erlaubt demnach, an der Kasse pauschale Rabatte zu gewähren, ohne die Preisauszeichnung an jeder einzelnen Ware zum 1. Juli 2020 zu ändern.
Voraussetzung dafür ist, dass dieser Pauschalrabatt nach Kalendertagen zeitlich begrenzt ist, durch Werbung bekannt gemacht wurde (auch im Ladenlokal ausreichend) und es sich um generelle Preisnachlässe handelt.
Diese Ausnahme gilt nicht für preisgebundene Artikel, wie Bücher, Zeitschriften, Zeitungen und rezeptpflichtige Arzneimittel.
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